Wenn du dein halbes Leben lang gemobbt wirst...


Triggerwarnung: Mobbing, Suizidversuche, Depressionen, Therapie, Selbsthass, sexuelle Übergriffe, Bodyshaming

Hier findest du Hilfe falls du gerade selbst von Depressionen betroffen bist:

Telefonsorge: 0800 1110111

Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche: 116 11

Nummer gegen Kummer für Eltern: 0800 - 111 0 550

Hier ist noch ein Link zur Website: Hilfsangebote
 
VORWORT
 
Dieses Thema ist sehr sensibel. Und ich arbeite mit diesem Blogeintrag meine persönlichen Erlebnisse auf. Ich bitte darum um absoluten Respekt in den Kommentaren. Wenn ihr euch nicht dazu in der Lage fühlt und das Thema zu viele Trigger in euch auslöst wäre es besser wenn ihr diesen Blogeintrag nicht lest.
 
Für mich selbst bedeutet dieser Blogeintrag eine große Überwindung und Ausbruch aus meiner Komfortzone, da ich damit auch vergangene Gefühle aufarbeite. Bitte respektiert das.

Noch ein kleiner Verweis: Dieser Blogeintrag hat eine Länge, die sonst die anderen Blogeinträge überschreiten. Wenn dir das also zu viel Text ist kannst du meinen Blog auch gerne in mehreren Abständen durchlesen. Mir ist erst im Nachhinein aufgefallen wie viel Text es jetzt am Ende doch geworden ist. 🙈
 
Danke. 💗
 
~*~
 
Wo soll ich anfangen? Ich weiß noch wie ich damals im Kindergarten schon Probleme hatte mit Menschen in Kontakt zu kommen. Meine starke Anhänglichkeit zu meiner Mutter hat es mir nicht leicht gemacht aus mir herauszukommen. Meine Angst vor fremden Menschen war auch dort schon sehr groß. Gerade weil ich ein sehr schüchternes Kind war.
 
Doch mit dem Eintritt in die Grundschule fing bei mir der ganze Albtraum überhaupt erst an. Ich hatte am ersten Schultag geweint, wodurch ich sehr viel Unverständnis erntete. Es war noch nicht so schlimm wie auf der Hauptschule. Allerdings war es das Vorstadium von dem was mich erwarten würde. Meine Erinnerungen sind verschwommen. Drum verzeiht mir wenn ich es nicht mehr klar wiedergeben kann.
 
Die intensivsten Erinnerungen hatte ich wie gesagt erst in der Schule danach. Doch auch dort hatte ich schon sehr viel Gemeinheiten erfahren. Man hat oft über mich gelacht, weil ich halt auch sehr hilflos war. Ich hab sehr oft geweint, da ich mich generell lieber vor Menschen zurückzog. Wer meinen Thread über sensible Menschen gelesen hat wird wissen worauf ich hinaus will. Das Leben als sensibler Mensch
 
Jedenfalls konnte ich in meiner Grundschulzeit auch Freundschaften schließen. Das waren zwar eher typische Schulfreundschaften, aber es hat mir zumindest das Gefühl gegeben Menschen zu haben die mich mochten. Ich weiß sogar noch wie ich bei dem einen Sommerfest mit den anderen rumgegangen bin. Wir haben uns Eis und Bratwurst geholt und uns eine schöne Zeit gemacht.
 
Da hören meine Erinnerungen allerdings auch schon auf. Ich war halt sehr still und zurückhaltend. Was man auch an meinen Benotungen sehen konnte. Viele Lehrer hätten sich von mir gewünscht, dass ich mir rede und auch lauter und deutlicher. Denn auch wenn man es mir heutzutage nicht mehr so anhört hatte ich damals sehr starke Sprachbarrieren. Nicht etwa wegen der eigenen Deutschkenntnisse (später war ich sogar Spitzenschüler in diesem Fach), sondern darin mich zu artikulieren und meine Stimme auch so weit zu erheben, dass andere mich verstanden.
 
Es hieß halt sehr oft: „Casera, sprich etwas deutlich.“ – „Hör auf so zu nuscheln.“ – „Ja, das hat jetzt wirklich Niemand verstanden was du gesagt hast. Setz dich wieder.“ Generell wurde ich auch die Jahre danach immer wieder auf meine Stimme angesprochen. Weswegen ich gerade in der mündlichen Bewertung natürlich komplett durchgerasselt bin.
 
Das Problem war, dass sich das zu einem Teufelskreislauf entwickelt hat. Je mehr man mich darauf ansprach desto schlimmer wurde es. Ich gab mir sogar Mühe und hatte Zuhause teils vor dem Spiegel gesprochen. Doch als ich wieder in der Schule war spürte ich wie meine Stimme erblasste und ich wieder zurückfiel in dieses Muster. Und dann weinte ich wieder weil man mir genau das im Unterricht ankreidete. Der Grund warum ich mich so selten gemeldet hatte. Da ich mich irgendwann einfach geschämt hatte meine Stimme zu erheben.
 
Als ich dann die 4. Klasse beendete stellte sich auch heraus, dass ich wohl doch besser für die Hauptschule geeignet war. Meine Noten waren nicht einmal schlecht. Das wurde instinktiv entschieden. Im Nachhinein hätte ich wohl eher auf die Realschule gepasst, da ich oft im Unterricht unterfordert war und ich auch bis heute ständig damit konfrontiert wurde warum denn nur diesen Abschluss hätte.
Damals war ja auch ein Hauptschulabschluss noch völlig ausreichend. Mittlerweile wird für fast alles ein Abitur oder ein Studium verlangt. Teilweise auch für Dinge, wo ich es ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann. Es schränkt einen als Erwachsener jedenfalls sehr ein wenn man nur diesen Abschluss hat. Wobei ich auch der Auffassung bin, dass ein Abschluss nicht alles ist. Gerade durch diese Einschränkung konnte ich lernen wie Menschen mit einen umgehen wenn sie einen für ungebildet und dumm halten. Und ich kann nicht mehr von zwei Händen abzählen wie oft mir genau das unterstellt wurde. Eigentlich traurig, aber viele Menschen denken so simpel und verbinden so einen Abschluss automatisch mit weniger Intelligenz.
 
Doch zurück zum eigentlichen Thema. Ich weiß noch, dass ich sogar die erste Zeit in der Hauptschule eine Freundschaft mit ein paar Mädchen geschlossen hatte. Da ich ein so schlechtes Namensgedächtnis habe könnte ich nicht einmal mehr ihre Namen abrufen, aber ich war sehr dankbar von Menschen angenommen zu werden. Nur lief nebenher ja auch noch mein Privatleben und eine Freundschaft die ich schloss war ich in Verbindung mit dieser Schule.
Durch einen Zufall hatte ich die Chance gehabt ein Pflegepony zu bekommen. Wir hatten in meinem Heimatdorf einen Stall in der Nähe und ich war öfter mit meiner Mutter unterwegs auf dem Fahrrad. Dort sind Pferde ausgebrochen die sie eingesammelt hatte. Ihr müsst wissen, dass meine Mutter damals auch ein eigenes Pflegepferd hatte um das sie sich gekümmert hatte. Als absoluter Bille & Zottel Fan (diese Schneiderbücher hat sie mir vermacht) war das für mich fast schon eine kleine Assoziation zu der Geschichte. Nachdem man uns angeboten hat die Pferde kostenlos zu verpflegen und reiten zu dürfen ging für mich ein Traum in Erfüllung.

Ich war so glücklich über mein erstes Pflegepferd. Die Ausritte und die Pflege
waren ein guter Ausgleich zum Schulalltag.

Neben diesem schönen Traum Pferde zu pflegen und reiten zu lernen lernte ich auch meine erste beste Freundin kennen. Ich hab sogar noch einen Brief von ihr den sie mir aus dem Urlaub geschenkt hat. Ihr Name war S. und später kam auch noch eine Dritte in unserer Freundschaftsgruppe dazu. Wir liebten es zu reiten, über Pferde zu sprechen und außerdem hatten wir noch eine Gemeinsamkeit: Playmobil. Ich hatte ja meinen Playmobil Reiterhof, wo wir auch gerne auf gemeinsamen Treffen darüber redeten. Das war für mich eine unglaublich schöne und erfüllende Zeit.
Zu dem Zeitpunkt hatten wir beide für High School Musical geschwärmt. Hach… das ist wohl die schöne Seite aus meiner Vergangenheit. Es war nicht alles gänzlich schlecht, aber der Wendepunkt dieser Freundschaft hat mich sehr geschmerzt. Witzigerweise hatte ich damals genau wie sie einen Crush auf einen Jungen. Der eine Junge für den ich geschwärmt trug den Namen meines jetzigen Mannes. Ein schöner Zufall, aber so spielt das Leben ja manchmal. :)
 
Doch wie endete diese Freundschaft? Und was hatte das mit der Schule zu tun?
 
Nun, ihr müsst wissen, dass ich mich damals gerne mit diesen Mädchen auf dem Pausenhof getroffen habe. Ich hatte mich gerne mit ihnen ausgetauscht. Auch wenn wir nicht viele Gemeinsamkeiten hatten. Da war auch das andere Mädchen mit bei und halt auch meine Freundin S. Allerdings läutete irgendwann auch die Pubertät ein. Und ich würde sogar sagen, dass ab dem Zeitpunkt viele meiner Probleme ans Licht kamen. Denn irgendwann gingen die Freundinnen von mir nicht mehr auf den unteren Pausenhof (der wo bevorzugt eher von Jüngeren genutzt wurde) sondern die Treppe weiter nach oben. Und da ich es nicht verstehen konnte wie sie plötzlich ihre Interessen änderte hatte sich diese Freundschaft auch langsam gelöst.
 
Sie ging soweit ich weiß auch nicht mehr so oft zum Reiten und ich selbst hatte mich dann auch mehr abgekapselt. Da ging es sogar noch. Ich wurde zwar von den Mitschülern gefoppt weil ich immer alleine mit meinem Pausenbrot da stand, aber ich hatte das noch so halbwegs akzeptieren können. Leider litten auch zu dem Zeitpunkt schon meine Noten darunter. Ich weiß noch wie meine Mathenoten von einer 2 auf eine 5 runter rutschten. Es war mir auch so unangenehm gewesen, dass meinen Eltern mitzuteilen, da ich ja nicht wollte, dass sie sich Sorgen um mich machten.
 
Jedenfalls war ich dann plötzlich Freundelos, da die eine Freundin in der Dreierfreundschaft sich ihr anschloss und zum großen Pausenhof nach oben ging. Da war ich nun komplett alleine auf mich gestellt. Meine Eltern hatten sich zu dem Zeitpunkt immer heftiger zerstritten. Es gab eigentlich kaum Tage wo nicht der Haussegen schief hing. Und dann merkte ich auch noch eine Sehschwäche. Erst versuchte ich sie zu verbergen, aber als dann raus kam, dass ich dringend eine Brille benötigte musste diese natürlich bezahlt werden. Damals konnte ich übrigens auch noch besser sehen als heute. Wahrscheinlich hatte ich deswegen auch noch gedacht diese Sehschwäche „überwinden“ zu können.
 
Was natürlich nicht möglich war, aber na ja… ihr müsst bedenken, dass ich da noch sehr jung und unerfahren war. Als ich meine Brille bekam hatte ich mich erst sogar gefreut. Sie passte mir und ich fand den Bernstein des Gestells sehr schön. Doch als ich am nächsten Tag in die Schule kam war es mit der Freude vorbei.
 
Ich weiß jetzt noch wie mich alle angeschaut hatten. Sie drehten sich von mir weg, flüsterten und entfernten sich von mir. Auch die damalige Gruppe bei der ich war wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Am ersten Tag wurde ich zwar noch akzeptiert, aber eigentlich hatte ich es ihnen bis an der Nasenspitze angesehen, dass sie nichts mehr mit mir zu tun hatten wollten. Und ich weiß bis heute noch wie es draußen geregnet hat und meine Mutter mich nach meinem Schultag fragte.
Nicht mehr als ein Schluchzen war aus mir rausgekommen bevor ich Tränen ausbrach. „Es war so schlimm.“ Und wisst ihr was? Mein Bruder hat mich damals getröstet. Zu dem Zeitpunkt war gerade Mario Galaxy rausgekommen und wir hatten zusammen die Bienen Welt gespielt. Er hatte versucht mich von all dem Schmerz und Leid abzulenken. Das habe ich sogar noch sehr klar und intensiv vor Augen. Das war auch nicht das letzte Mal wo mein Bruder für mich einstand. Ich bin ihm bis heute dankbar für alles was er für mich getan hat.
 
Ab da an wurde es für mich immer schlimmer. Es kam auch heraus, dass ich einmal versucht hatte die Unterschrift meiner Mutter zu fälschen. Ich weiß noch wie peinlich berührt ich im Auto saß, als meine Mutter mich damit konfrontierte. Seitdem hatte ich mir auch geschworen nie mehr zu lügen. Das war ein Moment der sich mir bis heute ins Gedächtnis gebrannt hat. Dieses Gefühl der Scham war für mich einfach unerträglich, aber es sollte leider nicht das letzte Mal sein, dass mir das widerfährt.
 
Hier muss ich jetzt Mal etwas weiter ausholen. Denn sonst sitzen wir noch morgen hier. Ich weiß, dass ich mich sehr schnell in Einzelheiten verstricke.
 
Meine Eltern hatten sich vor Heiligabend zerstritten. Das Weihnachten dort war sehr trostlos. Und in diesem Jahr wurde auch noch ein Pferd eingeschläfert, was bei einem Unfall ein Bein verloren hatte. Ich weiß noch wie sehr mich das fertig gemacht hat. Ich hatte einfach das Gefühl gehabt immer mehr in einem Sog aus Unglück zu sein. Das Mobbing, die Ignoranz und Verachtung waren für mich längst Alltag geworden. Denn es gab keinen Tag mehr wo man mich nicht auf irgendeine Art und Weise aufgezogen hat. Die Mobber hatten bei jeder Gelegenheit versucht mich noch weiter in dieses Tief zu stürzen.
 
Ein Glück wechselte ich die Schule nachdem meine Mutter beschlossen hatte sich von ihren Mann scheiden zu lassen. Ich muss sagen, dass ich echt froh war mich dazu entschieden zu haben sie auf diesem Weg zu begleiten. Denn ich hätte ja auch bei meinem Vater bleiben können. Doch wegen des Mobbings kam mir ein Schul- und Ortswechsel gerade entgegen. Zwar war es sehr schmerzhaft für mich die Pflegeponys und die vertraute Umgebung hinter mir zu lassen, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir auch schon die fünf Kaninchen (ja, die fünf Kaninchen, die Teil meines Romans sind) die mir sehr viel Trost und Liebe spendeten.
 
Ebenso wie unser Familienhund Sissy, die auch mitkam. Mein Bruder blieb mit meinem Vater zurück, da er ohnehin in einer weiter entfernten Schule sein Abitur machte.
 
Ich dachte wirklich mit dem Umzug würde auch das Mobbing aufhören. Ein neues Leben unter dem Dach mit meiner Oma und meiner Mutter, aber dem war nicht so. Das Mobbing würde an diesem Ort erst richtig anfangen.
 
~*~
 
Da war ich nun. Vor einem großen Gebäude mit einem weitläufigen Pausenhof. Größer als der in meinem Dorf, wo ich aufgewachsen war. Ich weiß noch wie ich gerade Mal die Treppen hochging als mir ein männlicher Schüler entgegen kam und unironisch meinte ob ich die Klamotten geklaut hätte. Keine Ahnung warum man mich darauf ansprach. Denn ich hatte oft Second Hand Sachen getragen (teilweise von meiner Mutter oder meinem Bruder) und natürlich war ich an dem Tag etwas mehr herausgeputzt, aber diese Aussage hatte mich schon irritiert.
 
Meine Klasse war auch sehr groß und da war auch eine Mädchengruppe die anscheinend in der ganzen Schule beliebt war. Außerdem war mein Klassenlehrer jemand der immer gerne die Schüler beleidigte. Als jemand der nach wie vor sehr schüchtern war und leise sprach kam mir das nicht gerade entgegen. Denn in meiner Schule davor hatte ich zumindest eine liebe Englischlehrerin, die mir auch nach dem Schulwechsel das Beste wünschte. Sie war auch die Einzige gewesen die mich trotz des Mobbings versucht hatte nach Kräften zu unterstützen.
Doch das war Vergangenheit. Der Klassenlehrer liebte es auf den Schülern rumzuhacken und in meinen Augen hatte er den Beruf verfehlt. Wenn man die Hausaufgaben vergaß musste man 100x auf ein Platt Papier schreiben: „Mein Hausaufgabenheft. Mein Freund und Helfer.“ Ich weiß noch wie sehr mich dieser Lehrer oft zur Weißglut getrieben hat, weil er einen ständig aufzog. Und nicht nur mich. Einfach alle. Er war total gehässig und hielt sich für etwas Besseres. Es war wirklich furchtbar unter solchen Umständen den Notenschnitt zu halten. Wo ich doch sowieso nach meinen Mobbing einige Noten schlechter war als der eigentliche Schnitt.
 
Und dann gab es noch den Pausenhof. Die Schüler fragten mich natürlich aus woher ich kam, was ich machte und was so meine Hobbys waren. Zu dem Zeitpunkt war es schon mega cool zu rauchen, mit Jungs zu knutschen und natürlich auch zu schwänzen. Eigentlich all das was mich so gar nicht interessierte. Ich schaute lieber Coldmirror, verbrachte Zeit mit den Kaninchen und dem Hund oder unterhielt mich mit meiner Oma über meine Vergangenheit.
Kurz gesagt: Ich war Mal wieder die Außenseiterin. Die Komische, die Seltsame. Obwohl auch ich nicht abstreiten konnte, dass dort meine Hormone schon in vollen Gang waren. Von der Periode abgesehen entwickelte sich mein Körper auch weiter. Wobei ich zu dem Zeitpunkt total unglücklich mit meinem Körper war. Ich hatte ein schlechtes Selbstbild von mir. Kleidete mich oft in Pullis (selbst im Sommer) und Jeans und versuchte generell nicht so viel Aufmerksamkeit zu erregen.
 
Der Klassen- und irgendwo auch Schulliebling war hingegen immer sehr modisch gekleidet. Hatte Schmuck und auch viel Geld. Sie wurde von den Jungs wie Mädchen gleichermaßen angehimmelt. Die Mädchen stylten sich ähnlich wie sie selbst. Während die Jungs oft mit ihr flirteten. Die Lehrer waren auch total vernarrt in sie. Weswegen man ihr auch viel durchgehen ließ. Ich glaube sie war sich total bewusst wie viel Macht sie in ihrer Position hatte.
Wäre das nicht genug fuhr ich auch noch jeden Tag mit dem Bus zur Schule. Und da es ein Schulbus war hatte ich natürlich auch unweigerlich Kontakt mit meinen Mobbern. Die einzige Zuflucht die ich hatte war mein Zuhause. Wobei es dort auch manchmal drunter und drüber ging. Meine Mutter hatte sich um einen Job bemüht, während ihre eigene Mutter sie auch das ein oder andere Mal auf die Palme brachte. Zudem war der Bus auch anderen Gründen unangenehm für mich. Denn dort hatte ich auch meine erste sexuelle Belästigung erfahren.
 
Der Begleitfahrer, der auch öfter die Tickets kontrolliert, war oft in meiner Nähe. Ich hatte meist keinen Sitzplatz bekommen weswegen ich mich dann einfach an der Stange festhielt. Jedoch hatte dieser Mann (er war sicher um die 40-50 Jahre alt gewesen) sich mir immer auf unangenehme Weise genähert. Und ich war total überfordert weil ich nicht wusste wie ich mich verhalten sollte. Getraut hatte ich mich nie darüber zu reden, aber er hatte sich mit seinem Schritt immer gegen mich gepresst und entweder hatte es Niemand in dem vollen Bus bemerkt oder man hatte einfach selber zu viel Angst vor der Konfrontation.
Ich hatte also nicht nur bei der Hinfahrt Probleme sondern auch am Ankunftsplatz. Und da ich meine Mutter nicht mit irgendwelchen Problemen belasten wollte hatte ich natürlich geschwiegen. Leider war das auch zu einer Zeit wo ich sehr oft verschlafen hatte. Es war so schlimm für mich wenn mein Lehrer mich vor allen anderen bloßstellte. „Ja, Casera kommt Mal wieder zu spät. Hat wohl den Wecker nicht gestellt.“ Und was er noch für Sprüche raus haute.

Ich hatte mich einfach nur dreckig gefühlt als dieser Mann mich bedrängt hat.
Mit gerade einmal 14 Jahren hatte ich meine erste sexuelle Belästigung erlebt.

Es war so schwer nicht jeden Tag zu weinen. Die Tränen zu verbergen. Diesem Ganzen zu entkommen. Ich wurde teils auch krank, weil mir so schlecht war vor dem nächsten Schultag. Und zum Glück hatte ich eine liebe Mutter, die ihre Tochter auch bei sich Zuhause verpflegte. In dem Punkt waren sowohl meine Mutter als auch mein Bruder absolut Gold wert. Sie wusste natürlich nicht um meine Sorgen, da meine Noten in der Zeit semi gut waren. Ich bin halt von

Einsen und Zweien zu Dreien und Vieren gerutscht. Nichts worüber man sich freuen könnte, aber so richtig schlimm war es erst an meiner letzten Schule (ja, das war nicht mein letzter Schul- und Ortswechsel).
 
Und da war ja noch das Problem, dass ich mich in einen Mitschüler verliebte. Dieser empfand natürlich nichts für mich, aber meine Gefühle waren sehr heftig für ihn. Wir waren da auch auf so einem Schullandheim wo die Lieblingsschülerin mich nach wie vor sehr fest im Griff hatte. Wir waren nicht befreundet, aber sie nutzte meine Naivität aus. Zu dem Zeitpunkt war ich aber der festen Überzeugung, dass diese Menschen mich mochten. Auch wenn ich es jetzt natürlich besser weiß, aber für mich war das damals eine schöne Schülerfreundschaft. Obwohl sie mir auch 50€ „geborgen“ hatten. Generell hatte ich gefühlt mein halbes Taschengeld immer wieder an Schüler geliehen, die mir das Geld aber nie zurück gaben.
 
Die Zeit im Landschulheim war übrigens ein kompletter Reinfall. Sie hatten mich zwar geschminkt, aber total überladen. Es sah echt nicht schön aus, aber ich war halt so verliebt gewesen, dass ich dachte er würde mich damit mögen. Doch eigentlich machten sich die Schüler währenddessen über mich lustig. Ich war für sie ein Clown und mein alte Kleidung war für sie ein Grund hinter meinem Rücken über mich herzuziehen.
Bei den Mädchen bei denen ich schlief war ich auch nicht sonderlich beliebt. Sie hatten sich von mir distanziert und schauten mich an wie ein ekeliges Insekt. Ich wäre sicher magersüchtig so dürr wie ich wäre. Dabei war ich einfach genauso zierlich gebaut wie meine Mutter. Generell komme ich aus einer Familie, die eher klein und schmächtig ist. Die Sehschwäche hatte ich auch von meiner Mutter und meinem Vater vererbt bekommen. Das waren halt schlichtweg die Gene, aber das war diesen Menschen egal.
 
Für sie war ich etwas Dürres, Hässliches, was man nicht leiden konnte. Und ich glaube ab da hat es auch angefangen, dass ich immer weniger selbst von mir hielt. Denn schließlich glaubte ich den Menschen die mir das sagten. Mein Lehrer ließ ja auch kein gutes Wort über mich hören. Stattdessen lästerte er vor den anderen immer wieder darüber, dass ich viel zu leise sprechen würde und es so unmöglich war mir zuzuhören.
 
Der Grund warum ich sehr lange Zeit auch einen absoluten Hass auf meine Stimme hatte. Mein Mann muss mir bis heute noch erklären, dass dem nicht so ist. Ich hatte mich einfach nur geschämt überhaupt zu sprechen, da ich das Gefühl hatte andere nur damit zu belästigen und zu belasten. Und irgendwann hatte ich einfach angefangen zu schweigen.
 
Tja… und dann war da dieser alte Facebook-Verschliss. Wie heiß die Seite? Bsmparty. Da hatte ich mich registriert nachdem ich erfuhr, dass da auch meine „Freunde“ aktiv waren. Das war ein riesiger Fehler. Denn die Mädchen wussten über meine Verliebtheit zu diesem Jungen. Ich glaube das war auch das erste Mal wo ich so richtig Hals über Kopf verliebt war. Ja, ich hatte auch schon für den Jungen beim Reiterhof geschwärmt, aber da waren die Gefühle längst nicht so ausgeprägt gewesen.
Und ich glaube meine Reaktion darauf ihn zu sehen wie er mit anderen flirtete löste eine unglaubliche Wut in mir aus. Man kann sich jetzt darüber streiten wie klug das war, aber bedenkt: Ich war zu dem Zeitpunkt 14 Jahre alt und hatte auch so keine Erfahrung mit dem Thema gehabt. Mit meiner Mutter hatte ich nur wenig darüber gesprochen und so gab es Niemanden, der mir Tipps gegeben hätte wie man sich in so einer Situation verhielt. Es war absolut dumm von mir mich öffentlich darüber aufzuregen, dass der Klassenliebling sich an meinen Schwarm rangemacht hat.
 
Und ja… ich weiß was ihr denkt: Mean Girls. Ich wünschte mir nach wie vor, dass es so was nur in Filmen gäbe. Nur, dass ich nicht dieses schöne Happy End hatte wie die Schauspielerin. Denn der nächste Tag sollte für mich der Schlimmste in meinem Leben sein (zu dem damaligen Zeitpunkt. Es gab noch Schlimmere).
 
Ich hatte furchtbare Angst gehabt auf den Pausenhof zu gehen, da ich schon eine Drohnachricht bekam die hieß: „Dich werden wir fertig machen. Darauf kannst du dich verlassen.“ Das Ganze eskalierte so sehr, dass der Betreiber meinen Account verwarnte. Bei ihrem war ich mir nicht so sicher, aber ich wusste auch, dass das Konsequenzen im echten Leben haben würde. Und leider hat mich der Hausmeister auch aus dem Schulgebäude rausgehutscht.
 
Diese Erzählung meinerseits ist ein absolutes Traumata. Bitte geht rücksichtsvoll mit diesem Thema um. Ich kann es nicht oft genug betonen, aber ich erwarte ein gewisses Maß an Empathie um sich in die Rolle von Betroffenen hineinzufühlen.
 
Ich weiß noch wie ich die Treppen hinunter ging und die Lehrer sich mit Kaffee in der Hand über die alltäglichen Dinge unterhielten. Unten warteten sicher dreißig oder mehr Schüler auf mich. Die Blicke waren auf mich gerichtet – ich hab jetzt noch Herzklopfen wenn ich nur daran zurückdenke – und ich spüre noch die Angst in mir als ich wie so ein kleiner Tropfen mich an den Mülleimer klammerte. Ja, Mülleimer. Damals dachte ich, dass das der beste Platz für einen Vollversager wie mich wäre.
Und ich behielt nicht Unrecht denn die Schülerin ging auf mich zu und stieß mich. Tropfen fielen auf mein Pausenbrot. Immer mehr Schüler standen um mich herum. Schubsten mich, demütigten mich und es fielen so viele schlimme Wörter. Wörter, die ich nicht einmal in den Mund nehmen möchte weil sie so von Hass erfüllt waren. Ich weinte hemmungslos und die Lehrer… die Lehrer standen einfach nur da und tratschten weiter. Ja! Es war absolut nichts passiert bis zum Pausenende.

Das Mobbing ließ mich einfach immer weiter in die Tiefe stürzen.
Ab diesem Tag hatte ich unglaubliche Probleme in großen Menschenmengen zu gehen. Selbst heute noch bekomme ich Angst wenn ich daran zurück denke.

Dort kam dann eine Frau auf mich zu, die wohl auch für solche Konflikte verantwortlich war. Sie ermahnte uns beide bei einem Gespräch, dass wir solche Dispute nicht so im Internet austragen sollten. Mehr passierte aber auch nicht. Es wurde nichts dazu gesagt wie man mich behandelt hatte. Einfach nur die Ermahnung und das wars. Als wir raus gingen erklärte mir die Schülerin auch, dass es damit sicher nicht gut sein würde. Und sie behielt auch Recht. Denn die anderen mobbten und drangsalierten mich jeden Tag. In der Umkleide machte man sich über meine Figur und mein Aussehen lustig. Man hat mir das Mäppchen vom Tisch geworfen, die Beine gestellt und einmal musste ich auch auf einen ganz kleinen Stuhl sitzen. Zur Belustigung der anderen.
 
Ich hatte an dem einen Tag auch eine Drohung bekommen. „Wenn du morgen zur Schule kommst stechen wir dich ab.“ Deswegen schwänzte ich und stellte mich krank. Wobei ein Teil meiner Psyche automatisch dazu beitrug, dass ich mit Magenschmerzen im Bett lag. Zu meinem Glück. Denn an dem Tag ist wohl ein Schüler eskalierte und wurde in die Psychatrie gebracht. Mehr hatte ich aber nicht erfahren.
Als ich wieder gesund war ging das Ganze von Neuem los. Ich weiß nicht wie viele Holzstifte mir zu Bruch gegangen sind. Wie viele Seiten zerrissen waren und wie viele Gerüchte sich innerhalb kürzester Zeit auf der gesamten Schule verbreiteten. Das Einzige was ich wusste war, dass die Kaninchen, mein Hund und auch meine Mutter mit die Einzigen in meinem Leben waren die mich mochten wie ich bin. Wäre da nicht der Stress zwischen ihr und meiner Oma gewesen hätten wir sicher auch mehr Zeit gehabt miteinander zu reden.
 
Und da kam auch noch mein Stiefvater ins Leben. Dem ich mit gemischten Gefühlen annahm. Die Scheidung meiner Eltern war zu dem Zeitpunkt glaube ich nur einige Monate her gewesen, aber gleichzeitig war meine Mutter auch unglaublich in ihn verliebt gewesen. Es fiel mir schwer nach so kurzer Zeit schon den Platz mit meiner Mutter zu teilen. Zumal ich mich nur noch mehr abkapselte. Denn da hatte sie ihre Mutter, die manchmal etwas anstrengend war, die Arbeit und ihre neue Beziehung.
Ich war eigentlich 90% des Tages bei den Kaninchen oder am Computer. Die restliche Zeit verbrachte mit Nintendogs und Animal Crossing am DS, lesen oder meinen Schulaufgaben, die ich mit wenig Lust bewältigte. So zog die Zeit dahin und als meine Mutter beschloss aus dem Haus auszuziehen war ich mehr als erleichtert über diese Nachricht. Erst kurz vor dem Schulwechsel-Gespräch mit dem Schulleiter erfuhr meine Mutter von dem Mobbing. Zwischenzeitlich hatte ich noch über so einen MSN Messenger eine erneute Erfahrung mit sexueller Belästigung gemacht. Wo ich das erste Dick-Pick meines Lebens bekam und danach ebenso verstört war. Das hatte ich ihr natürlich verheimlicht.
 
Als sie jedoch von meinem Mobbing erfuhr war sie traurig und entsetzt. Sie hatte mich auch gefragt warum ich sie nicht früher darin eingeweiht hatte. Doch da ich ja nicht nur in der Schule als Belastung angesehen wurde, sondern auch das Verhältnis zu meinem Vater immer schlechter wurde, hatte ich einfach angefangen diese angestauten Probleme und Sorgen in mich reinzufressen. Sie hat mir aber auch gesagt, dass ich das nächste Mal mit ihr darüber sprechen sollte.
 
Ja, das nächste Mal. Das kam garantiert. Auf meiner letzten Schule und die sollte für mich eine weitere Etappe des Mobbings werden, die ein anderes Level als dieses hier hatte. Nicht schlimmer, aber trotzdem genauso schmerzhaft und traumatisierend wie dieses hier.
 
~*~
 
Ich dachte mir eigentlich, dass die volle boshaftige Aufmerksamkeit von Menschen schlimm wäre. Wie sehr ich mich täuschte. Denn an meinem ersten Schultag wurde ich entsprechend aufgenommen. Ich war halt die Neue. Dasselbe hatte ich ja schon einmal durch, aber diesmal wurde ich eher schweigend angenommen. Was für mich zu dem Zeitpunkt noch sehr gut war. Schließlich mussten diese Menschen ja auch erst Mal mit mir warm werden und vielleicht war ich ja nicht mehr so verachtenswert wie in meiner Ex-Schule.
 
Mit diesen gutgläubigen Gedanken ging ich an diese Schule heran, aber das Gegenteil war der Fall. Ich wurde absolut ignoriert. Niemand sprach mit mir und ich war auch so unsichtbar für alle. Ignoranz kann sehr schmerzhaft sein wenn man eigentlich nur akzeptiert werden möchte. Ich war nicht mehr als ein Geist für meine Mitschüler und ging in der Masse unter. Zudem musste ich die letzte Klasse wiederholen, da ich sonst mit dem Stoff nicht hinterher gekommen wäre. Was für mich auch noch okay war, aber ich hatte einfach gehofft in meiner jetzigen Klasse akzeptiert zu werden.
Was es noch schwerer machte war mein Sportlehrer. Ich will das gar nicht zu sehr detailieren, aber ich habe jetzt noch daran zu knabbern, dass dieser Mensch sich etwas von mir genommen hat, was mir gehörte. Er hat seine Machtposition missbraucht und mich selbst in eine Situation gebracht in die ich nicht gebracht werden wollte. Dieser Missbrauch ist mir auch erst als Erwachsene klar geworden, da ich wohl diese Gefühle so weit verdrängt hatte, dass sie unter der Oberfläche schwammen.
 
Da war ich also. Ein absolutes Objekt für diesen einen Lehrer und ein Geist unter meinen Mitschülern. Zuhause gab es ständig Probleme. Entweder weil die anderen WG Bewohner mit der Miete zu spät kamen (wir teilten uns damals ein Haus mit drei weiteren Menschen) oder weil es Streit zwischen meiner Mutter und mir gab. Die Verhältnisse waren sehr angespannt und ich merkte auch, dass ich mich zu dieser Zeit sehr gegen meine Mutter auflehnte. Das hat sicher jeder Teenager schon durchgemacht, aber irgendwie war ich in allem ein Spätzünder, denn die meisten meiner Mitschüler hatten diese Auflehnphase schon viel früher.
 
Nachdem das Jahr zu Ende war würde ich auch in meiner „neuen“ Klasse sein. Diese empfing mich nicht gerade mit Euphorie und ich durfte mich neben eine Mitschülerin setzen, die mir den Platz freihielt. Ich hatte dort auch „Freunde“ gefunden. Oder zumindest nahm ich an, dass dies meine Freunde wären, aber auch das stellte sich am Ende als Trugschluss heraus.
 
Ich verbrachte die Pausen mit ihnen, da sie selbst wohl auch eher Außenseiter waren. Der Grund warum ich davon ausging, dass man mich dort mehr annahm. Da ich mir größte Mühe gab meinen Abschluss zu schaffen war ich natürlich auch sehr aufs Lernen konzentriert. Auch dort an der Schule hatte ich einen Schwarm. Wie auch beim ersten Mal hatte mich dieser natürlich abblitzen lassen. Und ich will hier keine Erinnerungen durcheinander bringen, aber ich glaube kurze Zeit später lehnte mich dann auch diese Gruppe ab.
Wahrscheinlich weil sie Wind davon bekamen, dass meine Beliebtheit immer mehr sank und irgendwann sagte mir dann eine aus der Gruppe ich solle ihnen nicht mehr wie ein Hund hinterher rennen. Geknickt wie ich war stellte ich mich an dem Tag in eine Ecke und ja… da war sie wieder, die sensible Casera… und weinte. Die Jungs aus der Schule nahmen das zum Anlass mich mit Kieselsteinen zu bewerfen. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie dreckig ich mich damals gefühlt hatte. Erst war ich an einen Mülleimer geklammert, jetzt wurde ich mit Steinchen beworfen und wie der letzte Dreck behandelt… ich hatte angefangen einen sehr großen Selbsthass zu entwickeln, der schon in der vorherigen Schule seine schwarzen, dürren Äste aus dem Boden gestreckt hatte.
 
Diese schwarzen Dornen, die jeden Tag in meine Brust stachen. Und einige Tage später bekam ich von der Klasse einen Rundbrief. Jeder hatte darauf unterschrieben. Wie sehr sie mich hassen und dass sie sich wünschten ich wäre gar nicht hier. Ich hatte den Zettel zerknüllt und weggeworfen, aber die Worte hatten sich längst in mein Herz gebrannt. Denn ich wollte diesen Wünschen am Liebsten nachkommen.

Mein Selbsthass ist durch das Mobbing immer mehr gewachsen.
Ich war innerlich einfach nur noch gebrochen und depressiv.
Das Einzige was mich abhielt es zu tun waren meine Familie und Haustiere.

Nachdem meine Mutter mit ihrem neuen Freund ausgezogen war aus diesem großen Haus zogen wir schließlich in eine kleine 2-Zimmer Wohnung. Ich weiß noch wie ich damals den Weg zur Schule immer gegangen war und mir immer die Frage gestellt hatte wie mein Leben weiter ging. Zu dem Zeitpunkt war ich auch schon längst im Visier aller. Die Demütigungen fingen erneut an, aber sie waren noch schlimmer als davor. Denn die Gerüchte machten auch hier die Runde.
Ich wäre eine Schlampe, würde stehlen, sei magersüchtig und ein totaler Psycho. Mit so jemanden konnte man keine Sekunde den Raum teilen ohne kotzen zu müssen. Es war schlimm und es fällt mir verdammt schwer das alles in Worte zu fassen ohne, dass mir selbst nicht beim Erzählen die Tränen hochkommen, aber ich will diese Erlebnisse mit anderen Menschen teilen weil ich ihnen zeigen will, dass sie nicht alleine sind. Denn ich weiß, dass auch heutzutage noch viel gemobbt wird und die wenigsten jemanden zum Sprechen haben.
 
Ich tausche mich noch immer regelmäßig mit anderen über ihre Mobbingerfahrungen aus und ich bin ehrlich froh, dass ich mich damals nie vors nächstbeste Auto gestürzt habe. Die Zeit danach war für mich leider auch nicht leichter. Denn da hatten sich erst die Auswirkungen des Mobbings gezeigt. Mit 19 Jahren wurde ich mit Burn-Out und Depressionen diagnostiziert. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch schon mehrere Selbstmordversuche hinter mir.
 
Es gab auch eine Zeit wo ich in der Geschlossenen war, weil die Polizei online Wind davon bekam, dass ich mich umbringen wollte. Das möchte ich auch später noch einmal in meinem Blogeintrag über Depressionen aufarbeiten. Hier schneide ich das Thema lediglich an.
 
Doch diese Erfahrungen haben mich mein Leben lang geprägt. Denn dieser Titel soll kein Clickbait sein. Er ist bittere Realität. Ab meiner Hauptschulzeit wurde ich die meisten Jahre nur gedemütigt und ausgelacht. Ich hab bis heute Schäden davon getragen die tief in die Psyche gehen. Der Grund warum ich auch so viel Unverständnis habe beim Thema Lästern und hinter-dem-Rücken reden. Ich selbst hatte oft genug die Erfahrung gemacht wie grausam sein können.
 
Und obwohl einem Mobbingopfer oft eingeredet wird, dass es doch selber Schuld an der Situation hat kann ich klar widersprechen.
 
Wenn andere dich demütigen und mobben bist du niemals daran Schuld. Es gibt keinen legitimen Grund andere Menschen auf so eine Weise zu behandeln und zu misshandeln. Auch wenn Mobber einem das glauben lassen wollen.
 
Als jemand der selbst genug Kontakt mit Ex-Mobbingopfern hat weiß ich was das mit einem macht. Ich hatte leider nur teilweise diese Narben behandeln können, denn momentan bin ich immer noch auf Therapiesuche. Doch ich weiß was es mit einem macht wenn eine Traube an Menschen anfängt einen zu hassen für das was man ist.
 
Es gibt Menschen die einem am Liebsten die Existenz und jegliche Menschenrechte absprechen würden. Damals war mir das noch bewusst gewesen, weil ich jung war und man generell in der Schule sich nur schwer dagegen wehren kann, aber mittlerweile weiß ich es besser. Ich hatte sogar in meine ersten Ausbildung sehr schöne Erfahrungen machen können. Wo man mich so genommen hat wie ich bin und es eigentlich kein richtiges Mobbing gab, weil mir der Rücken gestärkt wurde.
 
In Situationen wo das nicht der Fall ist hat man viel mehr Schwierigkeiten sich zu wehren. Mobber wollen nämlich das du mundtot bist und dich nicht zur Wehr setzt. Ich kann euch da auch das Buch von Norman Wolf ans Herz legen. ‚Wenn die Pause zur Hölle wird: Wie du dich gegen Mobbing stärkst und Selbstvertrauen gewinnst‘.
 
Hier sind ein paar Tipps, die mir persönlich sehr geholfen haben mit dem Mobbing währenddessen und danach umzugehen. 💕
 
1. Du bist nicht Schuld am Mobbing. Auch wenn das natürlich für viele Mobber gefundenes Fressen ist spielt es keine Rolle ob du dich einmal in der Schule/auf der Arbeit daneben benommen hast. Menschen sind nicht fehlerlos und ich handle auch lieber aus der Moral der Selbstliebe heraus. Jeder Mensch ist stets mit Respekt zu behandeln und sofern das nicht der Fall ist gibt es für dich keinen Grund dich darum zu sorgen, dass du etwas falsch gemacht hast. Selbst wenn du dich nicht immer korrekt benimmst gibt es eigentlich keinen logischen Grund einen Menschen auszugrenzen.
Um das Mal aufs Strafrechtliche zu übertragen: Hier in Deutschland werden Gefangene ja auch nicht wie der letzte Dreck behandelt. Sie werden sogar sehr menschlich behandelt. Da es einfach keinen Sinn macht Feuer mit Feuer zu bekämpfen. (Auch ein sehr wertvolles Zitat aus König der Löwen 2 und Star Wars). Hass führt immer zu unsäglichen Leid und im Grunde machen sich die Mobber damit selbst unglücklich wenn sie auf andere Menschen rumhacken. Du bist nur das Projektil für ihre Gefühle. Sei dir dem stets immer bewusst, wenn Menschen dir versuchen weißzumachen, dass du sie „daraufhin provoziert hast“ und es „darauf angelegt hast ausgegrenzt zu werden“.
 
 
2. Mitläufer haben im Grunde auch nur Angst. Es ist absolut nicht schön wenn plötzlich Menschen anfangen dich auch zu mobben, obwohl sie vorher noch mit dir befreundet waren. Leider üben Mobber eine sehr große Macht aus und sie geben den Mitläufern einen Grund, warum sie sich nicht auf deine Seite stellen. Wieso sie nicht Zivilcourage zeigen. Ich hab schon mit so vielen Mobbingopfern gesprochen, aber auch schon einigen Mitläufern und die meisten schämen sich auch im Nachhinein dafür nicht gehandelt zu haben.
Es gibt natürlich auch die Mitläufer, die es einfach genießen andere Menschen zu demütigen. Doch ich glaube viele davon haben einfach Angst ebenfalls ins Visier zu kommen. Und die Macht ist halt immer da wo die Menschen glauben, dass sie dort ist. Mobber sind meist sehr starke Persönlichkeiten. Zumindest von außen. Während Mobbingopfer oftmals eher in der Rolle des Fügers sind und sich dem Ganzen unterordnen. Ähnlich ist es auch bei den Mitläufern. Viele tun sich einfach schwer Partei für dich zu ergreifen. Das ist nicht schön, aber psychologisch gesehen verständlich, denn unser Urinstinkt greift einfach auf die eigene Sicherheit zurück. Und die meisten Menschen… so fies es klingt… haben einfach keinen Bock neben ihren eigenen Problemen sich auch noch mit deinen herumzuschlagen. Auch wenn das wie gesagt sehr fies ist, aber oftmals leider das Ergebnis von so einem Konflikt.
 
 
3. Du bist nicht alleine. Auch wenn man oft das Gefühl hat, dass einen absolut jeder hasst und du am Liebsten gar nicht mehr an den Ort  des Mobbings zurückkehren würdest kann ich dir versichern, dass es immer Menschen geben wird die dich lieben werden. Zu meiner Zeit waren es meine Mutter, mein Bruder, mein Stiefvater und auch meine Kaninchen, aber ich bin mir sicher, dass dir auch Menschen einfallen werden die dich mögen. Selbst wenn du der Überzeugung bist ein absoluter Einzelgänger zu sein. So kann ich sagen, dass es immer Menschen geben wird die dich vermissen würden.
Du bist unglaublich wertvoll. Menschen versuchen einem ja durch das Mobbing klar zu machen, dass du das nicht bist. Sie sprechen dir die einfachsten Dinge ab. Und sei es nur (wie bei mir damals) einen normalen Schulalltag, aber das macht dich nicht weniger wertvoll. Es gibt da diese Handvoll Menschen die dich nicht mögen, aber das heißt nicht im Umkehrschluss, dass du ein schlimmer Mensch bist. Jeder Mensch hat es verdient zu leben und geliebt zu werden. Auch du. Vergiss das nicht.
 
 
4. Mobber sind im Grunde auch Opfer ihrer Selbst. Das mag erst Mal komisch klingen. Doch es gibt einen Grund warum Täter sich Opfer aussuchen. Sei es weil sie selbst sich ihrer nicht ganz sicher sind oder weil sie dich wie gesagt als Projektil ihrer eigenen Gefühle nutzen. Viele Mobber können selber Zuhause oder privat Probleme haben. Es heißt nicht, dass diese Menschen durch und durch böse sind. Meist kann so ein Verhalten einfach auf sehr viel Unsicherheit zurück führen.
Damit möchte ich dir deinen Groll auf den Mobber gar nicht absprechen, aber es kann durchaus helfen sich mit dem Thema zu beschäftigen. Traurigerweise können sogar Gemobbte zu Tätern werden. Ich hab mich in das Thema auch schon sehr weit hineingelesen und lass dir auch Mal ein paar Links da. Vielleicht interessiert dich ja einiges davon.
 
Ich will damit auch nicht den Täter/die Täter in Schutz nehmen, aber vergiss nicht, dass sie versuchen mit ihrem Hass auf dich, dich selbst mit diesem Hass zu infizieren. Deswegen auch mein nächster Tipp.
 
 
5. Verfalle niemals in Hass, Rache oder Missgunst. Mein junges Ich war von sehr großer Bitterkeit erfüllt, da ich mir dachte niemals mehr glücklich zu werden. Diese Narben die mir meine Mobber verpasst haben werden wahrscheinlich ewig in mir verweilen, aber das was sie dir da versuchen zu nehmen bist du selbst. Denn in Wahrheit sind die meisten Opfer von Mobbing sehr liebenswerte Menschen. Ich kenne viele Menschen, die eigentlich sogar eine unglaublich tolle Ausstrahlung und etwas Besonderes an sich haben, aber trotzdem Opfer von Mobbing wurden.
Worte die ich mir selbst heute noch predigen muss, aber verzeih dir selbst. Das ist ein großer Schritt, aber sei gnädig zu deiner Seele und lass diese dunklen Gefühle nicht näher an dich rankommen. Du kannst all diese Gefühle zulassen. Wut, Trauer, Bitterkeit und auch diese Trostlosigkeit und die Frage warum man so behandelt wird, aber versuche dich auch aus diesem Sumpf wieder zu ziehen. Als ein jahrelanges Mobbingopfer ist der beste Weg gegen diesen Hass die Liebe. Das klingt total schmalzig, ich weiß, aber sie kann sehr helfen wieder mit dir ins Reine zu kommen.
 
Du musst weder mit den Mobbern ins Reine kommen, noch jemals wieder etwas mit ihnen zu tun haben. Doch für den Heilungsprozess kann es sehr wertvoll sein die guten Dinge wieder mehr sich vor Augen zu führen. Eben die Menschen, die dich so lieben wie du bist. Deine Hobbys und Leidenschaften die dich ausmachen. Das alles ist einfach nur wunderbar und schön. Halte an diesen Gefühlen und Gedanken fest.
 
~*~
 
Es kann sein, dass du auch im Erwachsenenalter dich noch mit Menschen rumschlagen musst die dich nicht mögen. Doch je nach Umstand deines Lebens (ich weiß, dass viele aufgrund von Einschränkungen leider dieses Privileg nicht haben, weswegen ich diese jetzt auch nicht in meine Aussage hineinbeziehen möchte) gibt es für dich Möglichkeiten aus diesen Situationen zu entfliehen.
 
Sei es denn Arbeitsplatz zu wechseln oder schlichtweg den Kontakt zu den Personen abzubrechen. Auch wenn es schwer ist, aber es geht immer weiter. Heutzutage gibt es zum Glück auch schon viel mehr Toleranz beim Thema Mobbing, Therapie und auch Selbsthilfegruppen. Egal welchen Weg du davon wählst: Du bist nicht alleine. Ich selbst habe mittlerweile auch sehr viel Kontakt mit Menschen, die eher als Außenseiter angesehen werden (auch im Erwachsenenalter) und das sind die liebenswertesten Menschen die ich kenne.
 
Auch wenn das einen nicht vor Enttäuschungen und Betrug schützt bin ich der Meinung, dass man immer vom Besten bei Menschen ausgehen sollte. Mein Herz hat viele Narben und Risse, aber es hilft der Welt offen entgegen zu treten. Empathie und Verständnis zu zeigen. Wie man so schön sagt: Wie man es in den Wald hineinruft… das muss einen nicht vor schlechten Erfahrungen bewahren. Doch meine Erfahrung bisher war, dass viele Menschen sehr dankbar dafür sind wenn man der Welt freundlich entgegen tritt.
 
Lass dich nicht von den paar Menschen entmutigen, die dir Steine in den Weg legen und fokussiere dich auf dein Leben. Es ist viel zu kurz um sie mit solchen zu verbringen, die dich ohnehin nur ablehnen.
 
Ich wünsche mir jedenfalls für dich und alle anderen Menschen auf dieser Welt, dass sie ihren Frieden finden.
 
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast ein Teil meines Lebens hier mit mir zu teilen. Ich wünsche dir noch einen guten Start ins Wochenende und eine erholsame Zeit.
 
~ LadyCasera

Hier sind noch etliche Links und Videos, die ich dir sehr ans Herz legen kann wenn du dich weiter mit diesem Thema beschäftigen möchtest. 












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